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22.11.2018

Gedenkansprache zum Volkstrauertag 2018

Von GAL-Gemeinderätin Marie-Luise Bausch

Anlässlich der Gedenkfeier zum Volkstrauertag in der Martinskiche am 18.11.2018 hielt Marie-Luise Bausch (Gemeinderätin und stellvertretende Bürgermeisterin) die Gedenkansprache.

Liebe Mitbürgerinnen und Mitbürger, liebe Schülerinnen und Schüler,

herzlichen Dank für den beeindruckenden Beitrag von Euch, das habt Ihr wirklich gut gemacht.

100 Jahre sind nun seit dem Ende des 1. Weltkrieges vergangen, erst am letzten Sonntag fand dazu in Paris eine große Gedenkfeier statt um den Millionen von Toten dieses schrecklichen Krieges zu gedenken.

Vor 69 Jahren begann der 2. Weltkrieg, dem in  seinen 6 Jahren weltweit durch Kriegshandlungen, Massenverbrechen, Folter und Hunger über 60 Millionen Menschen zum Opfer fielen. Allein 6 Millionen Juden wurden im Hitler-Deutschland umgebracht. Darüber hinaus auch viele Roma, Sinti und Widerstandskämpferinnen und Kämpfer.

Diese Kriege haben unermessliches Leid über die Menschen gebracht.Kriegstraumata und Verletzungen der Menschenwürde hinterlassen Spuren, die bis in die dritte Generation reichen.

Am Volkstrauertag heute gedenken wir der Verstorbenen und den Opfern dieser Kriege. Das Gedenken an diese Kriege, soll uns allen eine Mahnung sein für den Frieden weltweit einzutreten. Wir denken an dem heutigen Tag aber auch an die Kriege, die momentan in der Welt für großes Elend, unzählige Tote und Zerstörung der Lebensgrundlagen sorgen. Sie führen zu Flucht und Vertreibung. Über 60 Millionen Menschen sind zur Zeit, weltweit auf der Flucht. Die wenigsten davon landen in Europa. Seit fast 8 Jahren tobt der Krieg in Syrien und auch in Jemen herrscht ein fürchterlicher Krieg. Saudi Arabien, Russland, Iran und die USA sind an diesen Kriegen beteiligt. Aber auch Deutschland ist indirekt dabei. Wir liefern fleißig Waffen an Saudi Arabien. Die Gier nach dem großen Geld scheint wichtiger zu sein, als die Moral.

Nun möchte ich aber auf Friedensbemühungen eingehen, die nach dem 2. Weltkrieg weltweit stattfanden. Es ist eine ganze Menge geschehen, wir brauchen bloß an das Vereinigte Europa denken. Deshalb ist es so wichtig dafür zu sorgen, dass es nicht wieder in einzelne egoistische Nationalstaaten zerfällt, die nur ihren eigenen Vorteil sehen wollen.

„Nie wieder Krieg“ stand nach den 2 Weltkriegen auf der Agenda und galt als Maßstab aller Verhandlungen auf internationaler Ebene und aller Friedensbemühungen.

Ein gutes Beispiel dafür sind die Menschenrechte, die vor 70 Jahren, also 1948, von den Vereinten Nationen erklärt wurden und heute von fast allen Staaten dieser Welt anerkannt werden. Sie sind nach Holocaust, Faschismus, 1. und 2. Weltkriegen die größte zivilisatorische Errungenschaft. Die Universalität dieser Rechte, ist die Grundlage politischer Debatten und Auseinandersetzungen. Die Menschenrechte gelten für alle Menschen und jeder Mensch ist verpflichtet, die Menschenrechte seiner Mitmenschen zu respektieren. Damit diese Rechte auch praktisch realisierbar sind, sind alle Staaten, die der UNO beigetreten sind, dazu verpflichtet worden, die Menschenrechte in ihren Nationalsystemen zu verankern. Unter den ca. 30 Artikeln der Menschenrechte möchte ich besonders die Artikel 1, 3, 5 und 18 herausnehmen. 

Artikel 1

„ Alle Menschen sind frei und gleich an Würde und Rechten geboren. Sie sind mit Vernunft und Gewissen begabt und sollen einander im Geist und Brüderlichkeit begegnen.“

Artikel 3

„ Jede Person hat das Recht auf Leben, Freiheit und Sicherheit“

Artikel 5

„ Niemand darf der Folter oder grausamer unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Strafe unterworfen werden.“

Artikel 18

„ Jeder hat das Recht auf Gedanken- und Religionsfreiheit, dieses Recht schließt die Freiheit ein, seine Religion zu wechseln, sowie die Freiheit, seine Religion oder Weltanschauung allein oder in Gemeinschaft mit anderen, öffentlich oder privat durch lehre, Ausübung, Gottesdienst und Kulturhandlungen zu bekennen.“

Ein weiteres wichtiges Menschenrecht ist der Artikel 23

„ Jeder hat als Mitglied der Gesellschaft das Recht auf soziale Sicherheit“

Diese Rechte sind unteilbar. Sie bedingen sich untereinander. 

Wer aber denkt, dass die „Menschrechte“ nur ein Produkt der Neuzeit wäre, täuscht sich allerdings. In der Antike gab es immer wieder Versuche, Staaten eine menschrechtsähnliche Verfassung zu geben. Das antike Persien galt als das 1. Land.

539 vor Christi eroberte Kyros der Große, Babylon und befreite als Erstes die Sklaven. Er proklamierte die Religionsfreiheit und die Gleichheit der Menschen aus allen Teilen der bekannten Welt. Auf einem Tonzylinder, auch Kyroszylinder genannt, wurden die Rechte abgefasst.

Mir ist wichtig das zu erwähnen, weil wir alle genau wissen, wie in der heutigen Zeit die Menschenrechte von einigen Staaten nicht vollständig eingehalten werden, missachtet oder teilweise wieder abgeschafft werden. Der internationale Gerichtshof in Den Haag, der auch dazu dient, Verstöße gegen die Menschenrechts-Charta, zu verurteilen, wird von einigen Ländern auch nicht anerkannt. Nicht nur von diktatorischen Regimen, sondern auch von der Führungsmacht der Wertegemeinschaft westlicher Demokratien, die USA, unter Präsident Trump. Das ist keine gute Entwicklung, denn mehr und mehr Staaten werden inzwischen von Nationalisten und Populisten regiert. Internationale Abmachungen und Vereinbarungen werden aufgekündigt oder missachtet. Darunter auch das INF-Abrüstungsabkommen, das 1987 ratifiziert wurde. Wir erinnern uns noch, dass Mittelstreckenraketen mit atomaren Sprengköpfen in Deutschland stationiert wurden um die Sowjetunion abzuschrecken. Die russischen Mittelstreckenraketen waren auch in Stellung gebracht. Diese hätten dann Deutschland und Mitteleuropa erreicht. Durch zahlreiche Protestaktionen der Friedensbewegung Anfang der 80er Jahre, mancher wird sich noch an die Menschenkette von Ulm nach Stuttgart erinnern, kam das INF Abrüstungsabkommen zustande. Zur Zeit findet es auf beiden Seiten zum Teil keine Beachtung mehr Es beginnt gerade wieder eine Zeit des Aufrüstens. Nach Meldung des schwedischen Friedensforschungsinstitutes „SPIRI“ wurde weltweit noch nie so viel Geld in Rüstung und Militär gesteckt, wie jetzt.

Krieg ist eines der schrecklichsten Übel, das sich Menschen antun können. Wir müssen alles dafür tun, dass weltweit keine neuen Kriege entstehen und die Länder, in denen Krieg herrscht, endlich eine Aussicht auf Frieden haben.

Frieden kann man lernen. Im alltäglichen Umgang miteinander und dem Respekt gegenüber Mitmenschen, egal welche Hautfarbe, Kultur oder Religion sie haben.

Das ist in den Menschrechten verankert und wie oft wird das im alltäglichen Leben übersehen oder vergessen. Gerade scheint es wieder gesellschaftsfähig zu werden, andere zu stigmatisieren oder die Gesellschaft in Hassreden zu spalten. Das dürfen wir nicht zulassen und wir sollten versuchen diesen Strömungen etwas Anderes entgegen zu halten. Ja unser Land ist auch bunter geworden durch Migration und Einwanderung und das ist auch gut so. Lernen wir miteinander zu reden, auch gerade dann, wenn wir anderer Meinung sind. Treten wir für eine offene vielfältige Gesellschaft ein. Für Toleranz und Akzeptanz von Religionen und Ethnien, für Hilfeleistungen gegenüber denen, die aus Furcht um ihr Leben flüchten mussten oder für ein friedliches Leben in unser Land geflüchtet sind. Glauben wir an die Werte des Miteinanders und des Teilens, vielleicht wird dann unsere Welt friedlicher und gerechter.

Mahatma Gandhi hat einmal gesagt: „ Wenn wir wahren Frieden in der Welt erlangen wollen, müssen wir bei den Kindern anfangen“.

Unsere Trauer am heutigen Volkstrauertag sollte uns alle ermutigen für Frieden, Diplomatie, Respekt und Gerechtigkeit einzutreten.

Herzlichen Dank